Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb den Neubau eines Feuerwehrgerätehauses mit Wohnnutzung aus. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Das Leistungsverzeichnis enthielt umfassende Regelungen und Vertragsbedingungen zur Bauausführung, die in einer Vielzahl von Punkten von den Regelungen der VOB/B abwichen und sich teilweise am Bauvertragsrecht des BGB (§§ 650a ff. BGB) orientierten. Ein Unternehmen rügte daraufhin, dass die Vergabeunterlagen gegen § 8a VOB/A verstoßen, da sie gravierende Abweichungen und Ergänzungen im Vergleich zur VOB/B aufweisen. Der Auftraggeber half der Rüge nicht ab. Daher stellte das Unternehmen einen Nachprüfungsantrag.
Mit Erfolg – Die Vergabekammer Südbayern stellte fest, dass die Vergabeunterlagen gegen § 8a EU VOB/A verstoßen. Denn die Regelungen der VOB/B dürfen grundsätzlich nicht verändert werden. Dadurch soll verhindert werden, dass durch abweichende Vereinbarungen der Parteien ein Eingriff in die Regelungen der VOB/B erfolgt. Andernfalls drohe der VOB/B, der Verlust ihrer „Gesamtprivilegierung“, die eine AGB-rechtliche Prüfung ausschließt.
Von diesem Grundsatz darf ausnahmsweise abgewichen werden. Nach § 8a EU Abs. 2 Nr. 1 S. 2 VOB/A dürfen Auftraggeber, die ständig Bauleistungen vergeben, die Regelungen der VOB/B für die bei ihnen allgemein gegebenen Verhältnisse durch Zusätzliche Vertragsbedingungen ergänzen. Diese Zusätzlichen Vertragsbedingungen dürfen jedoch nicht den Regelungen der VOB/B gem. § 8a EU Abs. 2 Nr. 2 VOB/A widersprechen. Des Weiteren dürfen die Regelungen der VOB/B durch Besondere Vertragsbedingungen ergänzt werden, wobei sich Abweichungen nur auf Fälle beschränken, in denen in der VOB/B eine besondere Vereinbarung ausdrücklich vorgesehen ist. Hier gingen die Regelungen des Auftraggebers jedoch zu weit und damit über die zulässige Konkretisierung oder die in der VOB/A vorgesehenen Ausgestaltung hinaus, so die Vergabekammer.