RechtsprechungVergaberecht

Vergaberechtsfreie Kooperation erfordert gemeinsames Ziel (KG, 08.06.2020, Verg 1002/20)

Das Landeskriminalamt Berlin (LKA) schloss mit dem Labor einer staatlichen Universität einen sog. Kooperationsvertrag. Eine vorherige Bekanntmachung im EU-Amtsblatt erfolgte nicht. Das Labor sollte fortlaufend DNA-Untersuchungen an sichergestellten Spuren für das LKA durchführen. Ein Unternehmen, das von dem Vertrag erfuhr, reichte einen Vergabenachprüfungsantrag bei der Vergabekammer ein. Diese gab dem Antrag statt, da der Vertrag zu Unrecht ohne vorheriges Vergabeverfahren geschlossen worden sei. Das LKA und das Labor legten sofortige Beschwerden bei dem Kammergericht ein – ohne Erfolg!

Das Kammergericht lehnte die Beschwerden mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen einer vergaberechtsfreien innerstaatlichen Kooperation i.S.d. § 108 Abs. 6 Nr. 1 GWB nicht vorlagen. Denn die Vertragsparteien verfolgten kein gemeinsames Ziel. Das Ziel des LKA war die Strafverfolgung. Dagegen war das Ziel des Universitätslabors die Aufrechterhaltung ihres DNA-Laborbetriebes bzw. die wissenschaftliche Forschung. Das Strafverfolgungsziel kann der anderen Partei auch nicht zugeschrieben werden. Denn die Strafverfolgung und die damit im Zusammenhang stehenden Grundrechtseingriffe sind dem Kernbereich hoheitlich staatlichen Handelns zuzuordnen, so dass die Aufgabe weder übertragen noch kooperativ ausgeübt werden kann. Damit ist vorliegend der Austausch gegenseitiger, unterschiedlicher Leistungen und nicht die kooperative Ausführung gleichgerichteter Leistungen das Ziel. Auch die Vertragsbezeichnung als „Kooperationsvertrag“ ändert nichts an diesen Umständen, so das Gericht.