RechtsprechungVergaberecht

Respektlosigkeiten rechtfertigen noch keinen Ausschluss des Bieters (VK Sachsen, Beschluss vom 27.12.2019, 1/SVK/037-19)

Äußert sich ein Bieter gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber wiederholt respektlos und herabsetzend, reicht dies allein nicht aus, um ihn von dem Vergabeverfahren auszuschließen. Denn darin liegt noch keine schwere Verfehlung des Unternehmens im Sinne des § 6e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A bzw. des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB.

In dem von der VK Sachsen entschiedenen Fall äußerte der Bieter gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber unter anderem:

Ich bin verblüfft, mit welcher fachlichen Inkompetenz die [Auftraggeberin], Zusatzaufträge ausgibt.

„Gern koordinieren wir für sie die Baustelle, da Sie offenbar in Ihrer Funktion überfordert sind (…)“

Die VK Sachsen stufte derartige Äußerungen zwar als „schlechtestmögliche Voraussetzung für ein zukünftiges gedeihliches Zusammenwirken auf der Baustelle“ ein. Sie sah die Integrität des Unternehmens dadurch aber nicht hinreichend beschädigt. Eine schwere Verfehlung muss vielmehr qualitativ den zwingenden Ausschlussgründen nahe kommen. Die bloße Missachtung gesellschaftlicher oder im Unternehmen etablierter Werte genügt nicht, um von Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden. Auch persönliche Mängel von Organmitgliedern oder Mitarbeitern (z.B. schlechtes Benehmen, Alkohol, radikale Gesinnung) genügen allein noch nicht.

Darüber hinaus sind nach Auffassung der Vergabekammer auch bloße Meinungsverschiedenheiten zwischen Unternehmen und dem öffentlichen Auftraggeber über die ordnungsgemäße Auftragserfüllung keine schweren Verfehlungen. Dies gilt auch dann, wenn zivilrechtliche Ansprüche gerichtlich durchgesetzt werden.

Vorliegend war der Bieter aber nach § 15 EU Abs. 2 VOB/A auszuschließen, da er einem Aufklärungsverlangen nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist nachgekommen ist.