RechtsprechungVergaberecht

Schadensersatz bei Aufhebung einer funktionalen Ausschreibung (OLG Schleswig, 19.12.2017, 3 U 15/17)

Ein Bieter verlangte Schadensersatz, nachdem der öffentliche Auftraggeber die Ausschreibung zu Unrecht aufhob. Er war der einzige Bieter einer funktionalen Ausschreibung, sein Angebot lag aber über dem vom öffentlichen Auftraggeber kalkulierten Preis. Deshalb hob dieser die Ausschreibung mit der Begründung „fehlender Haushaltsmittel“ auf. Im Anschluss wurde der Auftrag ohne Beteiligung des ursprünglichen Bieters an einen Mitbewerber vergeben.

Das OLG sprach dem übergangenen Bieter Schadensersatz zu. Den entgangenen Gewinn bekam der Kläger aber nicht ersetzt, denn es läge keine „Scheinaufhebung“ vor und es sei auch nicht erwiesen, dass der Kläger bei der neuen Vergabe den Zuschlag hätte erhalten müssen. Rechtswidrige Aufhebungen von Vergabeverfahren führen daher regelmäßig nur zu einem Ersatz der vergeblich aufgewendeten Kosten.

Die Kosten für das zur Angebotserstellung eingesetzte Personal sind zwar regelmäßig nicht ersatzfähig. Denn die Personalkosten für eigene fest angestellte Mitarbeiter wären einem Bieter auch dann entstanden, wenn er gar nicht an dem Vergabeverfahren teilgenommen hätte (vgl. OLG Naumburg, 27.11.2014, 2 U 152/13). Etwas anderes kann gelten, wenn der Bieter nachweisen kann, dass er seine Mitarbeiter auch hätte anders einsetzen können. Diesen Nachweis konnte der Bieter hier zwar nicht erbringen. Doch darauf kam es nach dem OLG nicht an. Denn im Fall einer funktionellen Ausschreibung übernehme der Bieter mit seiner Lösungskonzeption Aufgaben des öffentlichen Auftraggebers. Daraus sei „der Grundgedanke zu entnehmen, dass Aufwendungen eines Bieters, die dieser ‚funktional‘ für oder anstelle des Auftraggebers erbringt, zu entschädigen sind.“ Deswegen konnte der Kläger vom öffentlichen Auftraggeber einen Großteil der Kosten für die Angebotserstellung verlangen.