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Kommunales Wohnungsbauunternehmen kann öffentlicher Auftraggeber sein (OLG Karlsruhe, 06.09.2023, 15 Verg 5/23)

Ein kommunales Wohnungsbauunternehmen kann im Einzelfall öffentlicher Auftraggeber sein. Das hat der Vergabesenat des OLG Karlsruhe (06.09.2023, 15 Verg 5/23) entschieden und damit eine weitere Entscheidung zu der umstrittenen Diskussion beigetragen.

Einzelfall entscheidet

In dem entschiedenen Fall war das kommunales Wohnungsbauunternehmen eine GmbH. Deren Anteile wurden zu 100 % von einer Kommune gehalten.

Ihren Zweck der sozialen Wohnraumversorgung stufte der Vergabesenat als Daseinsvorsorge und damit als im Allgemeininteresse liegende Aufgabe ein. Zudem erfülle die GmbH ihre Aufgaben in nichtgewerblicher Art. Zwar sei sie in einem entwickelten Marktumfeld tätig und verfolge jedenfalls teilweise eine Gewinnerzielungsabsicht. Vorrangiges Ziel sei aber die Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Zudem stelle sie frei werdende Reserven bei Bedarf anderen kommunalen Gesellschaften zur Verfügung und erfülle auch damit einen öffentlichen Zweck im Konzern Kommune.

Ob die GmbH ihre Verluste selbst trägt, ist nicht allein anhand entsprechender Satzungsregeln zu entscheiden. Vielmehr komme es darauf an, wie sich die Kommune im Falle von Verlusten der GmbH unter Berücksichtigung der Vergangenheit voraussichtlich verhalte. Der Vergabesenat sah es in der Gesamtschau als erwiesen an, dass die Kommune die GmbH im Zweifel schon aus faktischen Gründen nicht in die Insolvenz gehen ließe, da über 800 kommunale Wohnungen von ihr betroffen wären. Schließlich könne sich die GmbH als kommunales Unternehmen zu deutlich günstigeren Konditionen mit Krediten versorgen als privatwirtschaftliche Marktteilnehmer.

Tendenz: Vergaberecht gilt

Insgesamt kommt der Vergabesenat zu dem Ergebins, dass das kommunale Wohungsbauunternehmen öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 2 GWB und damit an das EU-Vergaberecht gebunden ist.

Die Entscheidung zeigt aber auch: Die Strukturen in kommunalen Konzernen und die jeweiligen Regelungen des Gesellschaftsvertrags können vielgestaltig sein. Es kommt daher auf den jeweiligen Einzelfall an. In der Vergangenheit haben Gerichte die öffentliche Auftraggebereigenschaft auch wiederholt verneint (OLG Hamburg, 11.02.2019, 1 Verg 3/15). Dennoch zeichnet sich eine Tendenz hin zur Einordnung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften als öffentliche Auftraggeber ab (vgl.OLG Rostock, 02.10.2019, 17 Verg 3/19; OLG Brandenburg, 06.12.2016, 6 Verg 4/16).