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Uneingeschränkte Akteneinsicht im Nachprüfungsverfahren? Nur für Verfahrensakten! (KG Berlin, Beschluss vom 06.07.2022, Verg 6/22)

Im Nachprüfungsverfahren hat das Akteneinsichtsrecht zentrale Bedeutung für den Antragsteller. Denn ein faires Verfahren ist nur möglich, wenn sein Informationsdefizit über das Vergabeverfahren behoben wird. Seine Grenzen findet das Recht auf Akteneinsicht regelmäßig dort, wo es auf Geheimhaltungspflichten der Auftraggeber trifft.

Wie weit geht also das Akteneinsichtsrecht?

Das KG Berlin unterscheidet in seiner Entscheidung klar zwischen den Vergabeakten und den Verfahrensakten:

Ein Anspruch auf Einsicht in die Vergabeakte – als Behördenakte des Auftraggebers über das Vergabeverfahren – besteht nur bei einem

„aus dem Rechtsschutzbegehren der Beteiligten folgenden Rechtsschutzbedürfnis … Allgemeine Informationsinteressen können und müssen die Teilnehmer eines Vergabeverfahrens zunächst durch Auskunftsersuchen bei der Vergabestelle nachgehen.“

Hingegen besteht ein uneingeschränkter Anspruch auf Einsicht in die Verfahrensakten der Nachprüfungsinstanzen (Akten der Vergabekammer und des Vergabesenats). Sollen nach dem Willen der Beteiligten eigene Eingaben anderen Beteiligten hingegen nicht zugänglich gemacht werden, werden diese Inhalte nicht Bestandteil der Verfahrensakte. In der Folge werden diese Inhalte allerdings

„wegen des Grundrechts der von der Einsicht ausgeschlossenen Beteiligten auf rechtliches Gehör [auch] nicht zum Gegenstand vom Verfahren und Entscheidung der Nachprüfungsinstanzen gemacht.“