Ein öffentlicher Auftraggeber vergab in einem EU-weiten Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb einen Rahmenvertrag über die Lieferung von Fachsoftware für Kommunen und Landkreise sowie ergänzend hierzu die Erbringung von Dienstleistungen. Ein Bieter rügte erfolglos den Verzicht auf eine Losaufteilung und stellte anschließend einen Nachprüfungsantrag mit dem Ziel der Bildung mehrerer Fachlose. Die Vergabekammer entschied, dass das Vergabeverfahren in den Stand vor Veröffentlichung der Bekanntmachung zurückzuversetzen und neu auszuschreiben sei. Der Auftraggeber legte gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde ein – mit Erfolg!
Das OLG Karlsruhe entschied, dass die beabsichtigte Gesamtvergabe nicht gegen § 97 Abs. 4 S. 2 GWB verstoße. Denn es steht jeder Vergabestelle frei, die zu vergebende Leistung nach individuellen Vorstellungen zu bestimmen und nur in diesem Rahmen Wettbewerb zu eröffnen. Eine Gesamtvergabe ist immer dann zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Hierfür muss sich der Auftraggeber in besonderer Weise mit dem grundsätzlichen Vorrang einer Fachlosvergabe und den im konkreten Fall dagegensprechenden Gründen auseinandersetzen. Dabei muss er die widerstreitenden Interessen willkürfrei gegeneinander abwägen, so wobei letztlich die technischen und wirtschaftlichen Gründe für eine Gesamtvergabe überwiegen müssen. Hier konnte der Auftraggeber schlüssig darlegen, dass die Losvergabe vielen seiner Kunden nicht die gewünschte Softwarelösung bieten könne. Zudem sei ein Parallel- und Mischbetrieb von zwei unterschiedlichen Softwarelösungen technisch kaum abbildbar und zusätzlich mit hohen Betriebskosten verbunden. Die Gesamtvergabe war daher rechtmäßig, so der Vergabesenat.