Ein Versorgungsunternehmen im Bereich Wasser- und Energieversorgung beabsichtigte die Beauftragung eines Unternehmens zur Erbringung von Postdienstleistungen. Von einem EU-weiten Vergabeverfahren sah das Versorgungsunternehmen ab, da es die Postdienstleistungen als Teil seiner Sektorentätigkeit betrachtete und der geschätzte Auftragswert unter dem hierfür maßgeblichen Schwellenwert lag. Ein unterlegenes Unternehmen stellte einen Nachprüfungsantrag. Es war der Auffassung, dass die Postdienstleistungen ein klassischer Dienstleistungsauftrag sind, der EU-weit zu vergeben ist, da der hierfür geltende Schwellenwert in Höhe von 280.060 Euro überschritten sei. Die Vergabekammer stimmte ihm zu und erklärte den Auftrag für unwirksam. Gegen diese Entscheidung legte das Versorgungsunternehmen sofortige Beschwerde ein – mit Erfolg!
Das OLG Düsseldorf erklärte, den Nachprüfungsantrag des Unternehmens bereits für unzulässig. Denn der Schwellenwert für einen klassischen Dienstleistungsauftrag in Höhe von 215.000 Euro war hier nicht einschlägig, da die vergebenen Postdienstleistungen eine Sektorenhilfstätigkeit sind, sodass auf den Schwellenwert von 428.000 Euro abzustellen ist. Der Auftragswert lag hier weit unterhalb dieses für Sektorenauftraggeber maßgeblichen Schwellenwerts. Die Vergabe unterlag daher keiner Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen.
Denn die SektVO ist grundsätzlich auch auf Aufträge anwendbar, die der Ausübung der Sektorentätigkeit dienen und mit dieser im Zusammenhang stehen. Für den erforderlichen Zusammenhang zwischen Auftrag und Sektorentätigkeit genügt es aber nicht, dass die Dienstleistungen des Auftrages lediglich einen positiven Beitrag zu den Tätigkeiten des Auftraggebers leisten und die Rentabilität erhöhen. Vielmehr müssen die Auftragstätigkeiten der Sektorentätigkeit tatsächlich dienen, indem sie es ermöglichen, diese Tätigkeit im Hinblick auf ihre üblichen Ausübungsbedingungen angemessen zu bewerkstelligen. Daher können auch mittelbar der Sektorentätigkeit dienende Dienstleistungen Sektorenhilfstätigkeiten darstellen.
Hier sei ohne die postalische Kommunikation mit Lieferanten und Kunden der Betrieb eines Trinkwasserversorgungsnetzes nicht angemessen zu bewerkstelligen, so der Vergabesenat. Die Erteilung und Abwicklung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufträgen und die Kundenkommunikation erfolgen derzeit noch im erheblichen Umfang in analoger Form schriftlich per Brief. Ohne eine solche Kommunikation sei daher auch die Finanzierung und damit der Betrieb der Trinkwasserversorgung rein tatsächlich nicht möglich, so dass erst durch die Postdienstleistungen diese Tätigkeit angemessen bewerkstelligt werden kann.
Auch die Vergabe von Hausmeister-, Empfangs- und Zugangskontrolldienste für Räumlichkeiten eines mit der Erbringung der Sektorentätigkeit befassten Auftraggebers gelten als Sektorenhilfstätigkeiten, sofern sie der Ausübung der Tätigkeit im Sektor dienen. Es sei kaum vorstellbar, so der Vergabesenat, dass Postdienste ohne die benannten Dienste für die Räumlichkeiten des betreffenden Anbieters angemessen erbracht werden können.