Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb europaweit ein Bauvorhaben im offenen Verfahren aus. Eine Bieterin gab ein Angebot ab, dass preislich ca. 35 % unter dem nächstplatzierten Angebot lag. Daraufhin forderte der Auftraggeber die Bieterin zur Preisaufklärung auf, dem kam sie zum Teil nach. Anschließend sollte die Bieterin den Zuschlag erhalten. Der zweitplatzierte Bieter beantragte jedoch einen Nachprüfungsantrag mit der Begründung, dass der Angebotspreis der erstplatzierten Bieterin unangemessen niedrig sei und keine ordnungsgemäße Preisaufklärung erfolgt sei – mit Erfolg.
Die Vergabekammer des Bundes entschied, dass der Auftraggeber den auffällig niedrigen Angebotspreis zu Recht aufgriff und überprüfte. Demnach sind Auftraggeber bei einer Abweichung vom erstplatzierten zum zweitplatzierten Angebot von mehr als 20 % zur Preisprüfung verpflichtet. Die zu Recht erfolgte Preisprüfung, war jedoch unzureichend.
So stellte die Vergabekammer fest, dass eine Aufklärung nicht zufriedenstelle, wenn trotz pflichtgemäßer Anstrengung des Auftraggebers keine gesicherte Tatsachengrundlage dafür vorliege, ob das Angebot angemessen oder der Bieter im Fall eines Unterkostenangebots wettbewerbskonform in der Lage sei, den Vertrag ordnungsgemäß durchzuführen. Hier mangelte es an der erforderlichen Tatsachengrundlage, die für die Prognoseentscheidung des Auftraggebers zwingend erforderlich gewesen wäre.
Die Preisaufklärung betrifft außerdem nicht nur rechnerische Unklarheiten, sondern auch alle preisrelevanten inhaltlichen Aspekte des Angebots, so die Vergabekammer.