Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb einen Bauauftrag im offenen Verfahren EU-weit aus. Alleiniges Zuschlagskriterium war der Preis. Bieter sollten eine Erklärung über den Jahresumsatz des Unternehmens abgeben. Ein Bieter erreichte den geforderten Mindestjahresumsatz nur unter Berücksichtigung des Umsatzes seiner Nachunternehmer. Der Auftraggeber schloss den Bieter deshalb mangels Eignung vom Vergabeverfahren aus. Insbesondere könne der Umsatz des Nachunternehmers nicht angerechnet werden, da eine geforderte Erklärung zur Mithaftung fehle. Der Bieter stellte einen Nachprüfungsantrag, denn aus den Vergabeunterlagen habe sich nicht ergeben, dass die Erklärung bereits mit dem Angebot einzureichen war. Die Vergabekammer gab dem Bieter Recht. Der Auftraggeber legte sofortige Beschwerde ein, die jedoch keinen Erfolg hatte.
Das OLG Celle stimmte der Entscheidung der Vergabekammer zu. Für einen Angebotsausschluss wegen fehlender Unterlagen müssten Bieter den Vergabeunterlagen klar entnehmen können, welche Erklärungen mit der Angebotsabgabe verlangt werden. Bei Unklarheiten in den Vergabeunterlagen erfolgt die Auslegung aus Sicht eines objektiven Bieters. Verbleiben dennoch Zweifel, darf die Vergabestelle ein Angebot mit der fehlenden Erklärung nicht ohne Weiteres ausschließen. Vergabeunterlagen sind unklar, sofern fachkundigen Unternehmen auch nach sorgfältiger Prüfung mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben. Vorliegend waren die Vergabeunterlagen hinsichtlich der Forderung von Mithaftungserklärungen widersprüchlich. Die Unterlagen waren nur „soweit erforderlich“ bzw. „bei Bedarf“ einzureichen. Das Erfordernis zur Abgabe der entsprechenden Erklärung war daher nicht hinreichend deutlich. Der Ausschluss des Angebots war damit vergaberechtswidrig.