Ein öffentlicher Auftragsgeber schrieb in einem EU-weiten offenen Verfahren den Abschluss eines Rahmenvertrages zum Ausbau der WLAN-Strukturen in Schulen aus. Das Leistungsverzeichnis enthielt zusätzliche technische Anforderungen mit der Überschrift „Weitere Mindestanforderungen“. Ein Bieter, der das wirtschaftlichste Angebot einreichte, sollte den Zuschlag erhalten, die zweitplatzierte Bieterin rügte dies. Wegen der Nichteinhaltung der Mindestanforderungen sei das Angebot auszuschließen. Der erstplatzierte Bieter erklärte dagegen, dass das angebotene Produkt nur unterschiedliche Bezeichnungen und Detailumsetzungen vorweist, aber der funktionelle Grad gleichwertig sei.
Die Vergabekammer Lüneburg entschied, dass das Angebot des Bieters gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV auszuschließen war. Das angebotene Produkt erfüllte nicht alle Mindestanforderungen. Wird in dem Leistungsverzeichnis mehrfach der Begriff „Mindestanforderungen“ aufgenommen, muss jeder Bieter dies als zwingend zu erfüllende Anforderung auffassen. Weicht ein Angebot von diesen Bedingungen ab, führt das zur Änderung der Unterlagen gemäß § 53 Abs. 7 VgV und somit zum Ausschluss.
Zwar darf der Auftraggeber, der zunächst eine ihm möglicherweise eher zufällig bekannte Spezifikation benutzt, während des Vergabeverfahrens lernen. Das bedeutet, dass er noch im laufenden Verfahren auf Hinweis eines Bieters auf eine andere Spezifikation umsteigen oder mehrere Spezifikationen zulassen oder inhaltliche Anforderungen reduzieren kann. Dies muss allerdings allen Bietern, soweit es Inhalte der Bekanntmachung betrifft, mittels einer neuen Bekanntmachung mitgeteilt werden. Die Angebotsfristen sind dann gemäß § 20 Abs. 3 VgV angemessen zu verlängern. Vorliegend hat der Auftraggeber diese Vorgaben jedoch nicht eingehalten. Vielmehr hat er die Abweichung lediglich dem erstplatzierten Bieter mitgeteilt und letztlich das Angebot angenommen. Da dies unzulässig war, musste das Verfahren zurückversetzt werden.