Gerichtsentscheidungen

Auch Unterkriterien müssen mitsamt Gewichtung bekanntgemacht werden (OLG Celle, 02.02.2021, 13 Verg 8/20)

In einem EU-weiten offenen Verfahren über Postdienstleistungen wertete der Auftraggeber die Angebote zu je 50 % nach dem Preis und der Konzeptqualität. Die Qualität umfasste 10 Unterkriterien, unter anderem die Aspekte „Umweltkriterien“ und „Serviceangebote“.

Ein Bieter wehrte sich dagegen, dass die Unterkriterien nicht gewichtet wurden, sondern pauschal mit 50 Gesamtpunkten bewertet werden sollten.

Zu Recht, wie der Vergabesenat entschied. Denn eine Aufstellung zahlreicher Unterkriterien ohne Angabe ihrer Gewichtung ist intransparent. Bieter können bei der Konzepterstellung nämlich nicht erkennen, auf welche Aspekte es dem Auftraggeber besonders ankommt und welche weniger wichtig sind.

Weiterhin rügte der Bieter, dass die Konzeptanforderungen an die Unterkriterien „Umweltkriterien“ und „Serviceangebot“ intransparent sind.

Dem stimmte der Vergabesenat nicht zu. Zu den Umweltkriterien führte der Auftraggeber zwar nur aus, dass die Zustellung der Post möglichst unter umweltschonenden Bedingungen erfolgen soll. Zu weiteren Erläuterungen ist er in einem Vergabeverfahren mit funktionaler Leistungsbeschreibung aber nicht verpflichtet. Es sind vielmehr die Bieter selbst, die ihr Fachwissen und konkrete Ausführungen in das Konzept einbringen sollen. Allerdings muss der Auftraggeber seine Wertungsentscheidung in diesen Fällen besonders eingehend dokumentieren.

Außerdem beanstandete der Bieter, dass ihn die Anforderungen an die Konzeptinhalte als Konsolidierer benachteiligen. Der Auftraggeber forderte nämlich, dass Bieter, die Leistungen der Deutschen Post AG (DP AG) in Anspruch nehmen, diese im Konzept näher beschreiben müssen.

Auch dem widersprach der Vergabesenat. Es ist keine Ungleichbehandlung, wenn Bieter, die andere Nachunternehmen als die DP AG wählen, diese Konzeptbeschreibung nicht abgeben müssen. Umgekehrt ist es auch keine Ungleichbehandlung, wenn Konsolidierer, die den Großteil der Leistung durch die DP AG ausführen lassen, ein aufwendigeres Konzept erstellen müssen. Denn der Auftraggeber hat bei der Bestimmung der Zuschlagskriterien einen weiten Handlungs- und Beurteilungsspielraum. Er muss die Kriterien nicht so formulieren, dass bestehende Wettbewerbsvorteile ausgeglichen werden. Die Anforderung ist auch nicht intransparent. Die Bieter sollen nämlich nur zugängliche Quellen nutzen, zu denen auch die AGB der DP AG zählen. Auf dieser Grundlage kann ein durchschnittlicher Bieter darstellen, welche Auswirkung die Einbindung der DP AG auf das eigene Geschäftsmodell hat.

Schließlich bezweifelte die Vergabekammer, ob die Losaufteilung vergaberechtskonform erfolgte. Da diese aber von keinem Bieter gerügt wurde, sah der Vergabesenat keinen Anlass, sie näher zu prüfen. Zwar können Vergaberechtsfehler auch von Amts wegen aufgegriffen werden. Dies allerdings nur, wenn ein Verstoß so schwerwiegend ist, dass er eine Fortsetzung des Vergabeverfahrens unmöglich macht. Das war hier nicht der Fall.

Der Vergabesenats ordnete an, dass der Auftraggeber eine Gewichtung aller Unterkriterien ergänzt und den Bietern die Möglichkeit gibt, neue Angebote abzugeben.