RechtsprechungVergaberecht

Ausschluss wegen wettbewerbswidriger Abrede: „Nahezu gewisser“ Verstoß reicht aus (OLG Düsseldorf, 17.01.2018, VII-Verg 39/17)

Will ein öffentlicher Auftraggeber einen Bieter vom Vergabeverfahren ausschließen, trägt er grundsätzlich die Beweislast für den Ausschlussgrund. Er muss die Tatsachen beweisen können, auf die er den Ausschluss eines Bieters stützt.

Geht es um eine wettbewerbswidrige Abrede, dürfen Bieter nach § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB aber schon bei „hinreichenden Anhaltspunkten“ für einen Verstoß vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Daran legt das OLG Düsseldorf nun einen strengen Maßstab an:

„Nach Auffassung des Senats liegen hinreichende Anhaltspunkte im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB vor, wenn aufgrund objektiver Tatsachen die Überzeugung gewonnen werden kann, dass ein Verstoß […] mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegt. Die Tatsachen beziehungsweise Anhaltspunkte müssen so konkret und aussagekräftig sein, dass die Verwirklichung eines Kartellverstoßes zwar noch nicht feststeht, jedoch hierüber nahezu Gewissheit besteht.“  

Der Ausschlussgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 4 GWB ist der einzige, der keinen Vollbeweis verlangt, sondern bereits Anhaltspunkte für einen Verstoß genügen lässt. Deswegen sei ein strenger Maßstab anzulegen. Gewissheit über eine wettbewerbswidrige Abrede könne jedoch nicht verlangt werden, da kartellrechtliche Entscheidungen regelmäßig länger als Vergabeverfahren benötigen. Dazu der Vergabesenat:

„Gewissheit zu verlangen hätte den Anwendungsbereich der Vorschrift daher zu sehr eingeengt. Andererseits sind die weitreichenden und schwerwiegenden Folgen zu berücksichtigen, die mit einer Ausschlussentscheidung verbunden sind.“ (Rn. 73) 

In jedem Fall bedarf es also mehr als bloßer Vermutungen, um einen Bieter aufgrund von einer wettbewerbswidrigen Abrede vom Vergabeverfahren auszuschließen.