RechtsprechungVergaberecht

Auftraggeber müssen Maßstäbe der Preisprüfung bekanntgeben (OLG Düsseldorf, 30.04.2014, VII-Verg 41/13)

Auftraggeber entscheiden nach eigenem Ermessen, wann ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist. Eine feste Aufgreifschwelle für eine Preisprüfung gibt es nicht. Kommt es zu einer Preisprüfung, müssen Auftraggeber aber transparent vorgehen. Dies hat das OLG Düsseldorf (30.04.2014, VII-Verg 41/13) klargestellt.

Methodisch saubere Preisprüfung

Für Auftraggeber stellt sich die Frage: Wie muss eine methodisch saubere Preisprüfung ablaufen? Folgende Grundsätze sind zu beachten:

1. Aufgreifschwelle

Ab welcher Schwelle ein Angebot preislich zu prüfen ist, bleibt der Entscheidung des Auftraggebers vorbehalten. Ein Abstand von 10 – 20 % des günstigsten Angebots zum nächstplatzierten Angebot wird allgemein für sachgerecht gehalten. Bei Besonderheiten der Leistung kann im Einzelfall aber auch eine höhere Schwelle sinnvoll sein.

2. Preisprüfung

Ein ungeprüfter Ausschluss bei Erreichen einer bestimmten Aufgreifschwelle ist unzulässig. Auftraggeber müssen immer in die konkrete Einzelfallprüfung ungewöhnlich niedriger Angebote eintreten.

Dabei prüft der Auftraggeber, ob tatsächlich ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung besteht. Selbst wenn er dies bejaht, ist ein Ausschluss noch nicht zwingend. Denn Auftraggeber dürfen auch Unterkostenangebote bezuschlagen, wenn der Bieter hiermit wettbewerbskonforme Ziele verfolgt (Markteintrittsangebot). Bei einem Missverhältnis von Preis und Leistung muss der Auftraggeber aber eine Prognose darüber anstellen, ob eine ordnungsgemäße Leistungserbringung zu erwarten ist. Auch bei dieser Zukunftsprognose hat der Auftraggeber einen weiten Wertungsspielraum, der gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar ist. Erst wenn diese Prognose negativ ausfällt,  ist ein Angebot auszuschließen – dann allerdings zwingend, wie § 19 Abs. 6 S. 2 EG VOL/A vorschreibt.

3. Anhörung des Bieters

Dem betroffenen Bieter muss vor einem Ausschluss die Möglichkeit gegeben werden, das Zustandekommen der ungewöhnlich niedrigen Preise zu erklären. Dazu, welche Informationen der Auftraggeber anfordern darf, gibt Art. 69 der neuen Vergaberichtlinie 2004/24/EU interessante Anhaltspunkte. Der Bieter hat dabei eine Obliegenheit zur Mitwirkung. Kommt er dem Aufklärungsgesuch nicht nach oder verbleiben Zweifel, geht dies zu seinen Lasten.

4. Maßstäbe der Preisprüfung

Außerdem muss der Auftraggeber den Bietern rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist mitteilen, welche Maßstäbe er bei einer Preisprüfung anlegt. Denn die Preisprüfung ist methodisch ein Wiedereintritt in die Eignungsprüfung. Die Grundsätze zur Bekanntgabe von Eignungskriterien gelten deshalb auch hier. Gibt ein Auftraggeber die Maßstäbe nicht vorab bekannt, darf er sie bei der Preisprüfung nicht zugrunde legen. Tut er dies doch, verstößt er gegen den vergaberechtlichen Transparenzgrundsatz und das Gleichbehandlungsgebot. Ein Angebotsausschluss wäre auf dieser Grundlage verboten.

Bei den hier ausgeschriebenen Gebäudereinigungsdiensten ging der Auftraggeber von einem Missverhältnis zwischen Preis und Leistung aus, wenn ein Bieter angab, eine besonders hohe Quadratmeterzahl je Stunde (Leistungswerte) zu reinigen. Begründung: Wer allzu schnell reinigt, kann die nötige Qualität nicht mehr gewährleisten.

Da die vom Auftraggeber errechneten Leistungswerte des betroffenen Bieters falsch ermittelt waren und er ihre Relevanz für die Auskömmlichkeitsprüfung nicht zuvor bekanntgab, war der Ausschluss des Angebots unzulässig.