RechtsprechungVergaberecht

Keine Umgehung des EU-Rechts durch Auftragswertschätzung (VK Thüringen, 24.04.2025, 5090-250-4003-500)

Ob der Auftraggeber die Leistung europaweit vergeben muss, hängt vom geschätzten Auftragswert ab. Die VK Thüringen präzisiert die Anforderungen an die Auftragswertschätzung in zweifacher Hinsicht:

  • Der Auftraggeber muss alle gewichtigen Kostenfaktoren berücksichtigen. Altverträge dürfen deshalb nur als Orientierung dienen, aber nicht die einzige Grundlage der Schätzung sein. Weitere Faktoren sind etwa aktuelle Marktgegebenheiten und mögliche Leistungserweiterungen.
  • Zudem darf der Auftraggeber einen Auftrag nicht künstlich aufspalten, um eine Überschreitung der EU-Schwellenwerte zu umgehen. Mehrere Einzelaufträge stellen daher funktionell einen Gesamtauftrag dar, wenn sie u.a. inhaltlich, wirtschaftlich oder zeitlich zusammenhängen. Maßgeblich ist in diesem Fall der addierte Gesamtwert.

Die VK Thüringen wertete daher drei nacheinander geschlossene Interimsaufträge, die inhaltlich der Erbringung von Winterdienstleistungen und zeitlich der Überbrückung eines Nachprüfungsverfahrens dienten, als einheitlichen Auftrag.