Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns erhält ein Bieter nach deutschem Recht bislang nur, wenn er bei ordnungsgemäßem Verlauf des Vergabeverfahrens den Zuschlag erhalten hätte. Dabei trägt der Bieter die Darlegungs- und Beweislast. Die Folge: Je früherder Auftraggeber den Bieter vom Vergabeverfahren ausschließt, desto geringere (bis praktisch keine) Erfolgschancen hat der Bieter bei der Nachweisführung.
Ähnliche Anforderungen stellt auch das slowakische Recht. In einem dort spielenden Fall hat der EuGH nunmehr entschieden:
Dem Bieter entsteht ein Schaden nicht erst dann, wenn er den Auftrag nicht erhält. Vielmehr kann ein Schaden auch schon wegen des Verlusts der Chance entstehen, an dem betreffenden Vergabeverfahren teilzunehmen. In der Vergaberichtlinie ist der Schadensbegriff bewusst weitgefasst, da nur so ein umfassender Rechtsschutz der Bieter im Nachprüfungssystem gewährleistet werden kann.
Verlust der Chance als Schaden
Der EuGH betont, dass die konkrete Ausgestaltung des Schadensersatzes in Ermangelung einschlägiger Unionsvorschriften zwar Sache der Mitgliedsstaaten ist. Diese müssen aber den Vorrang des Unionsrechts berücksichtigen. Das hat zur Folge, dass eine nationale Vorschrift den Schadensersatzanspruch eines Bieters wegen des Verlusts der Teilnahmechance am Vergabeverfahren nicht ausschließen darf – auch nicht, indem besonders hohe Anforderungen an die Nachweisführung die Durchsetzung des Anspruchs praktisch unmöglich machen.
Berechnung der Schadenshöhe
Doch wie beziffert man den Schaden wegen des Verlusts der Teilnahmechance? Möglicher Anknüpfungspunkt für die Schadensschätzung könnte zunächst der Auftragswert sein. Denkbar ist auch ein prozentualer Gewinnanteil vom Auftragswert, geteilt durch die Anzahl der Mitbewerber. Das würde vor allem Fälle abdecken, in denen mehrere übergangene Bieter jeweils Schadensersatzansprüche geltend machen.