In einem europaweiten Verhandlungsverfahren mit vorherigem Teilnahmewettbewerb schrieb ein Auftraggeber Dienstleistungen aus. Als Teilnahmebedingung mussten Bewerber anhand einer tabellarischen Übersicht von A- und B-Kriterien mindestens 69 Eignungspunkte erreichen. Eine Bieterin wurde von dem Verfahren ausgeschlossen, da sie mit 49,5 Punkten die Anforderungen nicht erfüllte. Die Bieterin rügte die Eignungsanforderungen als vergaberechtswidrig, da die Anforderungen unangemessen hoch seien.
Das OLG Frankfurt gab dem Bewerber Recht und entschied, dass die Antragstellerin durch unangemessen überhöhte Eignungsanforderungen in ihren Rechten verletzt wurde (§ 97 Abs. 6 GWB). Nach §§ 97 Abs. 1 S. 2, 122 Abs. 4 S. 1 GWB müssen Eignungskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Da es sich lediglich um einen kleinen Bietermarkt handelte (3-5 Bieter), hat sich die Ausgestaltung der Eignungsanforderungen konkret und spürbar auf den Wettbewerb ausgewirkt. Nur wenige Unternehmen dieses ohnehin schon kleinen Kreises konnten die hohen Anforderungen erfüllen. Der Auftraggeber konnte auch nicht nachvollziehbar darlegen, welche Intention er mit der Bewertung der Eignungskriterien verfolgte. Er konnte insbesondere nicht darlegen, inwiefern die Eignungsanforderungen und die Mindestpunktzahl geeignet und erforderlich waren, um nicht hinreichend qualifizierte Bewerber vom Wettbewerb auszuschließen.
Ein gewichtiger Grund lag nach dem Vergabesenat auch deshalb nicht vor, da die Bewerber eine unterdurchschnittliche Bewertung der einzelnen Eignungsanforderungen jeweils durch eine überdurchschnittliche Bewertung anderer Eignungsanforderungen ausgleichen konnten. Solche Kompensationsmöglichkeiten widerlegen regelmäßig das Vorliegen gewichtiger Gründe für die hohen Eignungskriterien.