Ein Angebot wegen Unvollständigkeit oder wegen Änderung der Vergabeunterlagen etwa darf der Auftraggeber nur dann ausschließen, wenn er die Vergabeunterlagen eindeutig und unmissverständlich formulierte. Andernfalls muss er erst das Defizit in den Vergabeunterlagen beseitigen und den Bietern Gelegenheit geben, die fehlenden Erklärungen nachzureichen.
Im konkreten Fall verlangte der Auftraggeber die Einreichung der „Eigenerklärung zur Eignung“ des Vergabe- und Vertragshandbuchs für die Baumaßnahmen des Bundes (VHB). In dem Formular mussten die Bieter unter anderem Umsätze der letzten drei „abgeschlossenen Geschäftsjahre“ angeben. Diese Formulierung hält die VK Sachsen-Anhalt für mehrdeutig: Sie könne sowohl die letzten drei Kalenderjahre als auch Geschäftsjahre mit vorliegenden Jahresabschlüssen meinen. Zwar sei Letzteres auch aus kaufmännischer Sicht naheliegender, dieses Verständnis sei aber nicht zwingend.
Die Lehre für Auftraggeber: Trotz der Verwendung des Standardformulars des VHB sollten die Vergabeunterlagen unmissverständlich regeln, ob Kalenderjahre oder Geschäftsjahre mit Jahresabschlüssen gemeint sind.