RechtsprechungVergaberecht

Unklare Kalkulationsvorgaben verstoßen gegen das Transparenzgebot (OLG Düsseldorf, 22.08.2022, Verg 58/21)

Ein öffentlicher Auftraggeber vergab Gebäudereinigungsleistungen in einem EU-weiten Verfahren. Wie üblich stieg der tarifliche Mindestlohn (Lohngruppe 1) zwischen Angebotsabgabe und Vertragsende mehrfach an. Der Auftraggeber gab jedoch nicht vor, welcher Mindestlohn bei der Angebotsabgabe zugrunde zu legen ist. Ein Bieter kalkulierte alle Lohnsteigerungen über die gesamte Laufzeit ein und wurde wegen Abweichens von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen.

Kein Angebotsausschluss bei unklaren Vergabeunterlagen

Zu Unrecht! Denn der Auftraggeber verstieß nach Auffassung des Vergabesenats gegen das Transparenzgebot. Ein durchschnittlich erfahrener Bieter konnte auch bei sorgfältiger Bearbeitung der Ausschreibung nicht zweifelsfrei erkennen, wie die Vergabeunterlagen auszulegen sind. Dies wird jedoch nach § 121 Abs. 1 GWB gefordert. Die Folge: Bei unklaren Vergabeunterlagen gehen Abweichungen zu Lasten des Auftraggebers – der Angebotsausschluss war unzulässig.

Praxistipp: Klare Vorgaben!

Auftraggeber sollten klare Vorgaben machen. Entweder rechnen die Bieter mit dem bei Angebotsabgabe geltenden Stundenlohn, wobei Preissteigerungen über eine Preisanpassungsklausel abgebildet werden. Oder die Bieter kalkulieren alle Lohnsteigerungen über die gesamte Laufzeit mit ein. Das setzt natürlich voraus, dass sie schon bekannt sind, was gerade bei längeren Verträgen selten der Fall ist. Im Zweifel hilft auch hier eine Preisanpassungsklausel über die Ungewissheit hinweg.