Das neue Postgesetz, das mit wenigen Ausnahmen am 19.07.2024 in Kraft trat, leitete eine umfassende Reform des Postrechts ein. Bei der künftigen Vergabe von Postdienstleistungen sind einige Änderungen zu beachten. Welche Auswirkungen hat die Novelle aber auf die vereinbarten Brieflaufzeiten in bereits laufenden Verträgen?
Mit der PostG-Novelle gelten künftig deutlich längere Brieflaufzeiten. § 2 Nr. 3 PUDLV forderte bisher, dass im Jahresdurchschnitt bundesweit 80 % der Sendung am Tag nach der Einlieferung (E+1) und 95 % am zweiten Tag nach der Einlieferung (E+2) zugestellt werden.
Bis zum 31.12.2024 gelten diese Anforderungen übergangsweise weiter. Ab 2025 gelten dann nach § 18 PostG deutlich längere Laufzeiten (E+3 = 95 % und E+4 = 99 %).
Dürfen sich Auftragnehmer dann auch auf die verlängerten Laufzeiten berufen?
Grundsätzlich nicht!
Denn der Vertrag sieht eine Zustellung nach Maßgabe von § 2 Nr. 3 PUDLV vor und das bleibt auch ab 2025 so, denn der Auftragnehmer hat sich hierzu verpflichtet. Insoweit ist anzumerken, dass sich die Laufzeiten auch nicht schlagartig zum Jahreswechsel, sondern über einen längeren Zeitraum gestreckt auf die neuen Vorgaben einpendeln dürften. Deshalb verlangt der Auftraggeber mit dem Jahreswechsel auch nichts Unmögliches.
Vorsicht bei Anpassung der Brieflaufzeit
Zwar ist denkbar, dass sich Auftraggeber und Auftragnehmer einvernehmlich auf die neuen Laufzeiten einigen. In der Regel dürfte damit auch eine geringfügige Absenkung der Vergütung verbunden sein. Allerdings wäre das eine nachträgliche Vertragsänderung, die am Maßstab des § 132 GWB zu messen ist und die wohl regelmäßig unzulässig wäre.
Die neuen Laufzeitvorgaben dürften nämlich regelmäßig einen deutlich größeren Bieterkreis ansprechen. Häufig haben öffentliche Auftraggeber zudem Angebote, die eine (Über-)Erfüllung der Vorgaben nach § 2 Nr. 3 PUDLV zusichern, bewusst besser bewertet und auch deshalb bezuschlagt.
Nach § 132 Abs. 1 S. 3 GWB sind aber nachträgliche Änderungen, die eine Teilnahme weiterer Bieter oder die Annahme eines anderen Angebots ermöglicht hätten, wenn sie bereits bei der ursprünglichen Ausschreibung gegolten hätten, wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags. Als solche stehen sie nicht einfach zur Disposition der Vertragspartner, sondern verlangen ein neues Vergabeverfahren.
Fazit: Öffentliche Auftraggeber dürfen die kürzeren Laufzeiten auch weiterhin bis zum Vertragsende einfordern. Denn sie wurden verbindlich vereinbart und vom Auftragnehmer im Rahmen seines damaligen Angebots zugesichert. Vorsicht ist geboten, wenn der Vertrag einvernehmlich an die neuen Brieflaufzeiten des § 18 PostG angepasst werden soll. Benachteiligt dies Mitbewerber, sind Rügen nicht weit.
Sollen die neuen Brieflaufzeiten dagegen unbedingt übernommen werden, etwa weil sich der öffentliche Auftraggeber davon Kostensenkungen erhofft, wird regelmäßig eine Beendigung des laufenden Vertrags mit einer anschließenden Neuvergabe notwendig sein. Ob die neuen Brieflaufzeiten ein Grund zur außerordentlichen Kündigung sind, bedarf einer Einzelfallprüfung. Das dürfte aber die Ausnahme sein.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass auch künftig kürzere Brieflaufzeiten vereinbart werden dürfen, wo dies sachlich gerechtfertigt ist. Möglich ist das mithilfe eines entsprechenden Wertungsmodells oder über die Formulierung besonderer Bedingungen für die Ausführung des Auftrags (§ 128 Abs. 2 GWB).
Künftig Laufzeitmessungen durch BNetzA
Hinsichtlich der künftigen Einhaltung der neuen Laufzeitvorgaben gibt es ebenfalls eine Neuerung: Die Bundesnetzagentur überprüft künftig regelmäßig die Einhaltung der neuen Brieflaufzeiten durch Universaldienstanbieter (§ 20 PostG). Unklar ist, ob sie ihre Ergebnisse auch veröffentlichen wird. Auftraggeber könnten sich dann insoweit eigene Laufzeitmessungen sparen. Die Messergebnisse der Bundesnetzagentur könnten sie auch zur Grundlage eigener Vertragsstrafen machen, soweit der Vertrag diese Möglichkeit vorsieht.