Gemäß § 160 GWB ist der Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens unzulässig, falls der Antragsteller den behaupteten Vergaberechtsverstoß nicht zuvor gegenüber dem Auftraggeber gerügt hat. Doch welche Anforderungen sind an die Rüge zu stellen? Der VK Mecklenburg-Vorpommern zufolge keine hohen. Insbesondere sei die Rüge an keine bestimmte Form gebunden.
Geringe Formanforderungen
Eine Rüge im SInne von § 160 GWB könneauch als Frage formuliert sein, solange der Bieter deutlich macht, dass er in einem bestimmten Sachverhalt einen Vergaberechtsverstoß sieht und Abhilfe erwartet, so die Vergabekammer.
Vorliegend wies der Geschäftsführer der Antragstellerin den Projektleiter des Auftraggebers am 08.02.2022 per WhatsApp auf Zweifel hinsichtlich der Eignung eines Bieters hin. Konkret hieß es in der Chat-Nachricht:
„Vielleicht könnt ihr mal gucken, ob die geforderte … wirklich vorliegt.“
Mit Informationsschreiben vom 28.02.2022 teilte der Auftraggeber mit, diesem Bieter trotz der aufgeziegten Bedenken den Zuschlag erteilen zu wollen. Der Vergabekammer zufolge erfüllte die Antragstellerin rechtlich ihre Rügeobliegenheit, denn die WhatsApp-Nachricht ist als Rüge zu verstehen. Das Informationsschreiben des Auftraggebers ist als Weigerung, der Rüge abhelfen zu wollen, zu verstehen.
Daran habe sich auch durch die Einführung der eVergabe nichts geändert. Die Vorschriften der RL 2014/24/EU, die die Kommunikation zwischen Bieter und öffentlichem Auftraggeber betreffen, beziehen sich nur auf das „Vergabeverfahren“, führt die Vergabekammer weiter aus. Die Rüge sei hingegen als Teil des Rechtsmittelverfahrens anzusehen und nicht dem Vergabeverfahren zuzurechnen.
Unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Schleswig (Beschluss vom 04.02.2022, 54 Verg 9/21) führt die Vergabekammer weiter aus, dass eine Rügeauch als Frage formuliert sein kann, solange der Bieter nur deutlich macht, dass er in einem bestimmten Sachverhalt einen Vergaberechtsverstoß sieht und Abhilfe erwartet.