RechtsprechungVergaberecht

Vertrauen auf abgegebenes Leistungsversprechen (VK Bund, 22.12.2021, VK 2-125/21)

Ein öffentlicher Auftraggeber vergab in einem EU-weiten offenen Verfahren einen Bauauftrag. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis. Der Bieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot sollte den Zuschlag erhalten, jedoch rügte der zweitplatzierte Mitbieter, dass die Produkte des Bestbieters nicht die Vorgaben des Leistungsverzeichnisses erfüllen. Daraufhin forderte der Auftraggeber die beiden Bieter zur Aufklärung des Angebotsinhalts auf. Der Bestbieter reichte die angeforderten Nachweise jedoch nicht fristgerecht und nur unvollständig ein. Nach erneuter Prüfung sollte der Zuschlag weiterhin dem zuvor erstplatzierten Bieter erteilt werden. Daraufhin reichte der zweitplatzierte Bieter einen Nachprüfungsantrag ein mit der Begründung, dass ein Verstoß gegen § 15 EU Abs. 2 VOB/A vorliegt.

Die Vergabekammer des Bundes stellte fest, dass kein Verstoß gegen § 15 EU Abs. 2 VOB/A vorliegt. Der Bestbieter erklärte mit dem eingereichten Angebotsschreiben das Leistungsverzeichnis als alleinverbindlich anerkannt. Der Auftraggeber darf bei einem Fachunternehmen – wie hier – auf das mit dem Angebot abgegebene Leistungsversprechen vertrauen. Selbst wenn das Standardprogramm des Bieters bestimmte Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht erfüllt, sei eine individuelle Anpassung an den konkreten Auftrag und eine anforderungskonforme Leistungserbringung möglich.

Dennoch stellte die Vergabekammer klar, dass die Rüge des Mitbieters substantiiert ist und nicht „ins Blaue“ reicht. Denn der Mitbieter bezog sich auf hinreichend konkrete Anknüpfungstatsachen und äußerte nicht nur spekulative Vermutungen. Die Anhaltspunkte reichten jedoch nicht für einen Vergaberechtsverstoß aus.