RechtsprechungVergaberecht

„Wettbewerb light“ auch bei Notvergabe durchzuführen (OLG Rostock, 11.11.2021, 17 Verg 4/21)

Das Land Mecklenburg-Vorpommern beschaffte im Wege einer Direktvergabe das „Luca-System“ zur digitalen Kontaktnachverfolgung. Im Vorfeld recherchierte das Land im Internet nach passenden Systemen und Apps, jedoch ohne Erfolg. Weitere Angebote wurden nicht eingeholt. Zwar wies ein Bieter mehrmals per E-Mail auf seine Anwendung hin, allerdings erhielt er keine Rückmeldung. Der Bieter stellte daher einen Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer wies den Antrag aber als unbegründet zurück, da dem System des Antragstellers eine notwendige Schnittstelle fehlte. Zudem sei die Sache gesteigert eilbedürftig, so dass eine Direktvergabe habe erfolgen dürfen. Dagegen legte der Bieter sofortige Beschwerde ein – mit Erfolg!

Der Vergabesenat entschied, dass die Direktvergabe der Luca-App gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 GWB unwirksam sei. Zwar lagen die Voraussetzungen für eine Notvergabe gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV grundsätzlich vor, jedoch darf die Direktvergabe nicht ohne jeden Wettbewerb erfolgen. Vielmehr hat der Auftraggeber auch dann so viel Wettbewerb wie irgend möglich sicherzustellen. Dafür muss er wenigstens mehrere Angebote einholen und so zumindest einen „Wettbewerb light“ ermöglichen. Kommt der Auftraggeber dem nicht nach, liegt ein Ermessensfehler vor. Da der Auftraggeber weder weitere Angebote einholte noch sich mit dem auf Eigeninitiative eingereichten Angebot des Antragstellers befasste, ist der Direktauftrag unwirksam.

Weiterhin stellte das OLG fest, dass die Direktvergabe auch nicht die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Nr. 2b VgV erfüllte, dass aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden sei. Insbesondere reiche die bloße Internetrecherche nicht für eine hinreichende Markterkundung durch den Auftraggeber aus.