Ändert der öffentliche Auftraggeber die Vergabeunterlagen in wesentlichen Punkten, muss er die Angebotsfrist angemessen verlängern, § 20 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 VgV. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf gilt das ebenso für die Abgabe von Teilnahmeanträgen, auch wenn das Gesetz dies nicht ausdrücklich verlangt. Ob eine Änderung wesentlich ist, muss im Einzelfall bestimmt werden.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte führte ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb über Anbau und Lieferung von medizinischem Cannabis durch. Kurz vor Fristende für den Eingang der Teilnahmeanträge konkretisierte der öffentliche Auftraggeber die Anforderungen an die geforderten Referenzen in einer Änderungsbekanntmachung. Die Frist für die Teilnahmeanträge verlängerte er nicht. Auf Nachfrage erklärte er, dass Bewerber die Möglichkeit hätten, geeignete Partner zu benennen, falls sie die Referenzanforderungen nicht selbst erfüllen können.
Hiergegen wandte sich ein Bewerber – mit Erfolg! Denn zum einen lagen Änderungsbekanntmachung und Fristende so ungünstig, dass von den 17 dazwischenliegenden Kalendertagen acht auf Wochenenden beziehungsweise Feiertage fielen. Zum anderen lag eine „ungewöhnliche und atypische Vergabesituation“ vor, weil in Deutschland noch kein funktionierender Cannabis-Markt existiert. Das Bewerberfeld war somit zwangsläufig durch eine große Zahl von Newcomern und Start-Ups geprägt. Deshalb war es kaum möglich, kurzfristig geeignete Partner zu finden, um einen aussichtsreichen Teilnahmeantrag abzugeben.