RechtsprechungVergaberecht

Der Ausschluss von Nachforderungen im Vergabeverfahren ist bindend (OLG Koblenz, 04.01.2017, Verg 7/16)

Schließen öffentliche Auftraggeber die Nachforderung von Unterlagen in einem Vergabeverfahren aus, sind sie daran gebunden. Fehler im Vergabeverfahren können dann nicht mehr korrigiert werden, selbst wenn sie nur marginal sind.

§ 56 Abs. 2 S. 2 VgV in der seit 18.04.2016 geltenden Fassung erlaubt öffentlichen Auftraggebern, in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen, dass sie keine Unterlagen nachfordern werden. Hierzu entschied nun das OLG Koblenz:

„Ist wie hier jedwede Nachforderung gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 VgV ausgeschlossen, legt der Auftraggeber der Eignungsprüfung die von den am Auftrag interessierten Unternehmen vorgelegten Erklärungen und sonstigen Nachweise so – und nur so -, zugrunde, wie sie vorgelegt wurden. Nachträgliche Ergänzungen sind unbeachtlich; nachträgliche Erläuterungen können – wenn überhaupt – allenfalls als Auslegungshilfen Berücksichtigung finden.“

Schließt der öffentliche Auftraggeber die Nachforderung von Unterlagen aus, sind ihm und dem Bieter im Nachgang also die Hände gebunden. Öffentliche Auftraggeber dürfen selbst dann keine weiteren Unterlagen der Bieter heranziehen, wenn damit der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Gebot „nur“ wegen Formalitäten verhindert wird. Wird ein Angebot mit Unterlagen eingereicht, ist die Abgabe final.

Grundsätzlich steht die Entscheidung, fehlende Unterlagen nachzufordern nach neuem Recht im Ermessen der öffentlichen Auftraggeber. Auch in der Vergangenheit legten öffentliche Auftraggeber zuweilen schon in der Auftragsbekanntmachung fest, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen. Diese Vergabepraxis wurde 2015 von der Vergabekammer des Bundes für unzulässig erklärt (VK Bund, 05.03.2015, VK 2-13/15). Mit dem neu eingefügten § 56 Abs. 2 S. 2 VgV ist dies nun aber ausdrücklich erlaubt.

Gleichwohl sollten öffentliche Auftraggeber hiervon keinen Gebrauch machen. Denn wegen der Selbstbindung müssten sie womöglich ein favorisiertes Angebot aufgrund geringfügiger Mängel ausschließen