Nun ist es amtlich: Öffentliche Auftraggeber dürfen von Bietern eine Verpflichtungserklärung verlangen, wonach sie ihren Arbeitnehmern den jeweils geltenden Mindestlohn zahlen. Eine entsprechende Regelung enthalten §§ 1, 3 des rheinland-pfälzischen Landestariftreuegesetzes (LTTG RP). Gegen die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns in Höhe von 8,70 Euro brutto (mittlerweile 8,90 Euro brutto) wehrte sich ein Bieter. Der EuGH hat sich jedoch der Auffassung des Generalanwalts angeschlossen (Urteil vom 17.11.2015, Rs. C-115/14). Danach dürfen Auftraggeber nicht nur eine Mindestlohnvorgabe machen. Bieter, die keine entsprechende Verpflichtungserklärung abgeben, dürfen außerdem vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Dasselbe gilt für Nachunternehmer.
Einschränkung: Bezug zum konkreten Auftrag
Allerdings darf die Mindestlohnvorgabe nur an den konkreten Auftrag gebunden werden. Eine weitergehende Verpflichtung von Unternehmen, auch außerhalb ihrer öffentlichen Aufträge einen bestimmten Lohn zu zahlen, dürfte nicht verlangt werden. Schließlich ist das erste Mindestlohn-Urteil des EuGH (18.9.2014, Rs.C-549/13) zu beachten. Hier hat das Gericht klargestellt, dass eine Vorgabe deutscher Mindestlöhne gegenüber Bietern aus dem EU-Ausland nicht erlaubt wäre. Das gilt jedenfalls dann, wenn der deutsche Mindestlohn höher wäre als im Herkunftsland des Bieters. Die unterschiedlichen Lohnniveaus verschiedener EU-Staaten dürfen nicht übergangen werden, so der EuGH. Sie sind Ausfluss unterschiedlicher Lebensumstände. Deshalb verletzt es die Dienstleistungsfreiheit ausländischer Bieter, wenn sie an deutsche Mindestlöhne gebunden sind, obwohl die bei ihnen geltenden Mindestlöhne deutlich niedriger sind.