RechtsprechungVergaberecht

Reinigung: 64 % Aufschlag auf Mindestlohn allein noch nicht unauskömmlich (OLG München, 25.09.2014, Verg 10/14)

In einer Ausschreibung von Reinigungsleistungen schloss der Auftraggeber ein Angebot als unauskömmlich aus. Die Begründung: Einzelne Positionen, insbesondere der Stundenverrechnungssatz, seien nicht auskömmlich. Der hiergegen gerichtete Nachprüfungsantrag hatte Erfolg. Das OLG München (25.09.2014, Verg 10/14) entschied: Der Ausschluss war unzulässig.

 Gesamtpreis entscheidet über Auskömmlichkeit

Zwar belief sich der maßgebliche Stundenverrechnungssatz des ausgeschlossenen Angebots bei einem tariflichen Mindestlohn in Höhe von 9 Euro auf lediglich 14,76 Euro. Er enthielt damit einen Aufschlag von 64 % auf den Tariflohn. Die Bundesfinanzdirektion West geht davon aus, dass regelmäßig ein Aufschlag von mindestens 70 % notwendig ist, um auskömmlich leisten zu können. Für einen Angebotsausschluss wegen Unauskömmlichkeit reicht dies aber nicht aus. Hierzu stellt der Vergabesenat zunächst klar, dass sich Auftraggeber bei der Auskömmlichkeitsprüfung nicht auf einzelne Preisbestandteile – hier den Stundenverrechnungssatz – beschränken dürfen, sondern den Gesamtpreis des Angebots betrachten müssen. Dieser lag aber nur geringfügig unter dem Preis des preislich zweitplatzierten Bieters und sogar über dem vom Auftraggeber vorab geschätzten Auftragswert. Hinzu kommt, dass auch der Stundenverrechnungssatz für sich betrachtet im Schnitt nur etwa 9 % unter demjenigen der übrigen Angebote lag – zu wenig für die Annahme einer Unterkostenkalkulation.

Geringer Preisabstand rechtfertigt keinen Ausschluss

Schließlich erbrachte der Bieter die Leistungen auch bisher und sein jetziges Angebot 17 % über dem damals bezuschlagten Angebot lag. Hinweise darauf, dass er den tariflichen Mindestlohn nicht eingehalten habe, gab es in der Vergangenheit nicht. Aus diesen Gründen hielt der Ausschluss des Angebots einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

 

Noch einen Schritt weiter geht das OLG Karlsruhe: Die Auskömmlichkeitsprüfung ist danach überhaupt nur zulässig, wenn der Preisabstand zum preislich zweitplatzierten Angebot über 10 % liegt.