Das Beschaffungsamt des BMI soll bei sicherheitsrelevanten Vergabeverfahren von Bietern seit Mai 2014 eine Eigenerklärung anfordern. Darin soll der jeweilige Bieter im Wesentlichen erklären, keine rechtliche Verpflichtung zur Datenweitergabe an Sicherheitsbehörden anderer Staaten zu haben. Dies betrifft vor allem US-amerikanische Unternehmen und ihre deutschen Tochtergesellschaften, auf die der „USA Patriot Act“ Anwendung findet. Hiernach sind US-Unternehmen verpflichtet, den US-Sicherheitsbehörden (FBI, NSA, CIA) Zugriff auf ihre Server zu gestatten, und zwar auch ohne richterliche Anordnung.
Ein Bieter soll schon dann als unzuverlässig von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden können, wenn das Bestehen einer solchen gesetzlichen Verpflichtung nachgewiesen wird. Entsprechend verlangte ein Bieter in einem seit Längerem laufenden Vergabeverfahren, dass der Auftraggeber wegen der geänderten Situation erneut in die Eignungsprüfung eintritt und einen betroffenen Bieter ausschließt. Zu Unrecht, wie die Vergabekammer klarstellt.
Keine rückwirkenden Eignungsanforderungen
Die Abfrage der sogenannten „No-Spy-Erklärung“ ist schon deshalb unzulässig, weil sie eine nachträgliche Aufstellung von Eignungsanforderungen darstellt. Eignungsanforderungen müssen nach § 7 Abs. 5 EG VOL/A bzw. nach § 22 Abs. 1 VSVgV aber bereits in der Bekanntmachung des Auftrags genannt werden. An die einmal festgelegten Kriterien ist der Auftraggeber gebunden. Deshalb kommt ein Wiedereintritt in die Eignungsprüfung nicht in Betracht.
Außerdem ist die automatische Fiktion der Unzuverlässigkeit im Falle einer Nichtabgabe der Erklärung diskriminierend. Denn einem Bieter können nur Umstände zugerechnet werden, auf die er überhaupt Einfluss nehmen kann. Ergeben sich aus der Rechtsordnung seines Ursprungslandes bestimmte Verpflichtungen, denen er sich nicht entziehen kann, ist es unzulässig, ihm diese anzulasten und ihn deshalb als unzuverlässig anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn der Bieter infolge dessen zwangsläufig gegen die Vorgaben einer anderen Rechtsordnung – hier der Datenschutz der Bundesrepublik Deutschland – verstoßen muss.
Wie sollen sich Bieter verhalten?
Betroffenen Bietern ist zu raten, die Abfrage einer No-Spy-Erklärung als Eignungsnachweis aus den genannten Gründen als vergaberechtswidrig zu rügen. Ihnen bleibt auch nichts anderes übrig, wenn sie nicht als ungeeignet vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden wollen.
Zwar hat die Vergabekammer angedeutet, dass entsprechende Regelungen in den Vertrag aufgenommen werden könnten anstatt sie als Eignungsnachweis zu formulieren. Da die Bedenken gegen eine Zurechnung von Gesetzen zum Bieter hier gleichermaßen greifen, bestehen aber gute Aussichten, auch gleichlautende Vertragsklauseln als diskriminierend zu rügen.