Nach §§ 8 Abs. 3 VOL/A, 9 Abs. 4 EG VOL/A müssen öffentliche Auftraggeber alle von den Bietern geforderten Nachweise in einer abschließenden Liste in den Vergabeunterlagen zusammenstellen. Versäumen sie dies, können sie den Verstoß jetzt heilen, indem sie Bietern eine angemessene Frist gewähren, um vergessene Nachweise einzureichen (OLG Düsseldorf, 17.7.2013, VII-Verg 10/13).
Kehrtwende des OLG Düsseldorf
In einem von Dr. Daniel Soudry, LL.M. geführten Grundsatzverfahren entschied der Vergabesenat des OLG Düsseldorf, dass Eignungsachweise nicht wirksam gefordert sind, wenn der öffentliche Auftraggeber vergisst, diese nochmals in einer abschließende Nachweisliste zusammenzustellen (3.8.2011, VII-Verg 30/11). Zur Begründung führte der Vergabesenat damals aus:
„Sowohl der Wortlaut (abschließende Liste) als auch der Sinn und Zweck der Norm gebieten die Deutung, dass der Auftraggeber sämtliche verlangten Nachweise … in einer den Vergabeunterlagen beizufügenden und für die Bieter als Überblick (gewissermaßen als “Checkliste”, auf “einen Blick” und zum “Abhaken”) verwendbaren, verlässlichen Aufstellung ungeachtet dessen, dass solche Nachweise bereits aus den übrigen Vergabeunterlagen hervorgehen, nochmals gesondert in einer zusammenfassenden Liste aufzuführen und diese spätestens mit den Vergabeunterlagen bekannt zu geben hat. Dieses aus § 9 Abs. 4 VOL/A-EG folgende Gebot ist bieterschützend.“
Selbst dann, wenn die Nachweise bereits vollständig in der EU-Bekanntmachung benannt wurden, sah der Vergabesenat keine wirksame Forderung nicht. Folge der Versäumnis: Der Auftraggeber hatte überhaupt keine Eignungsanforderungen aufgestellt! Außerdem durften Bieter nicht vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wenn sie einzelne Nachweise nicht beigebracht haben. Hiervon rückt der Vergabesenat nun ab.
Verstoß heilbar – Ausschluss möglich
Zunächst stellt er klar, dass Eignungsnachweise auch dann vergaberechtlich wirksam gefordert wurden, wenn die Vergabeunterlagen keine abschließende Nachweisliste nach §§ 8 Abs. 3 VOL/A, 9 Abs. 4 EG VOL/A enthalten. Zwar hält er daran fest, dass Bieter nicht ausgeschlossen werden dürfen, wenn ihrem Angebot einzelne Nachweise fehlen. Zugleich zeigt er Auftraggebern aber einen Weg auf, wie der Verstoß geheilt und den schutzwürdigen Bieterinteressen entsprochen werden kann.
Hierfür muss den Bietern eine angemessen Frist gesetzt werden, innerhalb derer sie die Nachweise nachreichen dürfen (vgl. §§, 16 Abs. 2 VOL/A, 19 Abs. 2 EG VOL/A). Erst wenn diese Frist erfolglos verstreicht, dürfen sie nach §§ 16 Abs. 3 lit. a) VOL/A, 19 Abs. 3 lit. a) EG VOL/A ausgeschlossen werden. Damit ist der Schuztzweck der abschließenden Nachweisliste gewahrt. Wie bisher, bedingt die wirksame Forderung von Eignungsnachweisen unabhängig vom Fehlen der abschließenden Nachweisliste aber, dass die Nachweise
- bereits in der Bekanntmachung gefordert wurden und
- in sachlichem Zusammenhang zum Auftrag stehen und diesem angemessen sind.
Die am 15.01.2014 vom EU-Parlament verabschiedete neue EU-Vergaberichtlinie für „klassiche“ Auftragsvergaben regelt diese Voraussetzungen in Art. 58 nun erstmals ausdrücklich.
Außerdem müssen die Nachweise inhaltlich hinreichend präzise benannt werden. An dieser letzten Voraussetzung fehlte es hier zwar ebenfalls. Das OLG Düsseldorf stellte aber klar: Auch eine fehlende Bestimmtheit kann noch korrigiert werden, sofern Bietern ausreichend Zeit nur Nachreichung der Nachweise gegeben wird.
Fazit
Ähnlich wie beim Nachschieben von Gründen zu unvollständigen Vergabevermerken können Verstöße künftig im laufenden Verfahren geheilt werden. Dieser Ansatz des OLG Düsseldorf ist sachgerecht und praxistauglich. Schließlich dürften Auftraggeber das Verfahren auch zurückversetzen, um die Nachweise nochmals wirksam zu fordern. Dann müssen sie einen Fehler aber auch im laufenden Verfahren korrigieren können. Ausnahme: Es bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass interessierte Unternehmen gerade wegen der ursprünglichn Formulierung der Eignungsnachweise von einer Teilnahme abgesehen haben. Unter diesen Umständen ist eine erneute Bekanntmachung des Auftrags am rechtssichersten.
Lesen Sie hier den Vergabeblog von Dr. Daniel Soudry, LL.M. zum Beschluss des OLG Düsseldorf vom 03.08.2011 (VII-Verg 30/11).