VergaberechtVeröffentlichungen

Schlechte Erfahrungen – Wann dürfen Bieter wegen Unzuverlässigkeit ausgeschlossen werden?

Kommt es zu Problemen bei der Auftragsausführung, liegt es nah, den Auftragnehmer bei künftigen Vergabeverfahren als unzuverlässig auszuschließen (OLG Düsseldorf, 25.07.2012, VII-Verg 27/12). Doch wann ist ein solcher Ausschluss überhaupt erlaubt?

Nach § 97 Abs. 4 S. 1 GWB werden Aufträge an fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Unternehmen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, bieten keine Gewähr für eine ordnungsgemäße Auftragsausführung. Wegen fehlender Eignung dürfen sie vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Hat ein Auftraggeber bei früheren Aufträgen schlechte Erfahrungen mit einem bestimmten Unternehmen gemacht, liegt es naturgemäß nah, mit diesem Unternehmen künftig keinen Vertrag mehr zu schließen. Zwar rechtfertigt nicht jede kleinere Schlechtleistung oder Auseinandersetzung über vertragliche Abreden den Ausschluss eines Bieters als unzuverlässig. Auftraggeber haben jedoch ein weites Ermessen bei der Prüfung der Bietereignung.

Beispiele für zulässige Ausschlüsse

In folgenden Fällen bewerteten verschiedene Vergabesenate den Ausschluss von Bietern für die Zukunft wegen Unzuverlässigkeit aufgrund ihres Verhaltens in der Vergangenheit als rechtmäßig:

 

  • Der Bieter hat bei einem früheren Auftrag wahrheitswidrige Angaben gemacht und den Auftraggeber über die geplante Ausführung getäuscht (OLG Celle, 08.12.2005, 13 Verg 2/05).

 

  • Der Auftragnehmer ist bei einem vergangenen Auftrag durch mehrere erhebliche Schlechtleistungen aufgefallen (KG Berlin, 27.11.2008, 2 Verg 4/08).

 

  • Der Auftraggeber kündigte den nun erneut ausgeschriebenen Vertrag aus wichtigem Grund (OLG Brandenburg, 14.09.2010, Verg W 8/10; OLG München, 05.10.2012, Verg 15/12).

 

  • Der Auftragnehmer kündigt den früheren Vertrag unberechtigt fristlos (OLG Düsseldorf, 25.07.2012, VII-Verg 27/12).

 

Umfassende Prognoseentscheidung

Eine Momentaufnahme reicht aber nicht aus, um einen Bieter auszuschließen. Der Auftraggeber muss den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermitteln und darf keine sachfremden Erwägungen in seine Entscheidung einfließen lassen. Auf dieser Grundlage muss er eine Prognoseentscheidung darüber treffen, ob ein Bieter die Gewähr für eine künftige vertragsgerechte Erfüllung der konkreten Leistung bietet, auch wenn dies in der Vergangenheit nicht der Fall war. Fällt die Prognose negativ aus, darf der Bieter ausgeschlossen werden. In diesem Fall darf der Auftraggeber bereits die Zusendung der Vergabeunterlagen verweigern. Eine sorgfältige Dokumentation der Ausschlussgründe ist aber unverzichtbar.