RechtsprechungVergaberecht

Angebotsausschluss muss verhältnismäßig sein! (BayObLG, 17.06.2021, Verg 6/21)

Ein öffentlicher Auftraggeber vergab einen Bauauftrag in einem offenen Verfahren. Ein Bieter wurde ausgeschlossen, da das Angebot unvollständig war. Daraufhin legte der ausgeschlossene Bieter einen Nachprüfungsantrag ein. Die Vergabekammer stellte fest, dass das Angebot des Bestbieters Änderungen an den Vergabeunterlagen enthalte und daher zwingend auszuschließen sei. Der Auftraggeber legte sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung ein.

Mit Erfolg – das Bayrische Oberste Landesgericht hob die Entscheidung der Vergabekammer auf. Zwar widersprach eine Angabe in dem Angebot den Vergabeunterlagen, jedoch handelte es sich hierbei lediglich um einen völlig untergeordneten Punkt. Demnach darf ausnahmsweise von dem Grundsatz, dass ein von den Vergabeunterlagen abweichendes Angebot zwingend auszuschließen sei (§ 16 EU Nr. 2 i.V.m. § 13 EU Abs. 1 Nr. 5 S.2 VOB/A), abgewichen werden. Vielmehr soll auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip aus § 97 Abs. 1 S. 2 GWB abgestellt werden. Sind Abweichungen im Angebot also nicht wertungsrelevant oder haben keine Auswirkungen auf die Auftragsdurchführung, so liegt regelmäßig kein zwingender Ausschlussgrund vor. Hier änderte der Bieter lediglich die Berechnungsgrundlage für die Fahrtkosten im Falle einer Störungsbeseitigung. Die Angaben über die Fahrkosten flossen weder in die Wertung ein, noch wirkten sie sich unmittelbar auf den Vergütungsanspruch aus.

Das Gericht wies den Antrag des Auftraggebers auf Vorabgestattung des Zuschlags zurück, da es keine Eilbedürftigkeit sah, weshalb das Nachprüfungsverfahren fortgesetzt werden sollte. Der Antragsteller nahm den Nachprüfungsantrag jedoch zurück. Eine weitere Entscheidung erfolgte daher nicht.