Ein öffentlicher Auftraggeber vergab Bauleistungen in einer öffentlichen Ausschreibung aus. Ein Bieter erhielt den Zuschlag. Erst später stellte sich heraus, dass das Angebot einen Übertragungsfehler enthielt und damit zu Unrecht als günstigstes Angebot gewertet wurde. Daraufhin schlossen Auftraggeber und -nehmer einen Aufhebungsvertrag. Sodann leitete der Auftraggeber ein neues Verfahren unter erneuter Beteiligung der zuvor erst- und zweitplatzierten Bieter ein. Den Zuschlag erhielt derselbe Bieter wie zuvor. Daraufhin klagte der erneut unterlegene Mitbewerber auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Durchführung des Vergabeverfahrens, ohne Erfolg. Nachdem die Berufung des unterlegenen Bieters zunächst erfolgreich war, legte der Auftraggeber Revision beim BGH ein.
Der BGH entschied letztlich, dass dem zweitplatzierten Bieter kein Anspruch auf Ersatz des Gewinns zu steht, den er mit der Auftragsausführung erzielt hätte. Ein Schadensersatzanspruch wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens umfasst zwar ausnahmsweise den Ersatz entgangenen Gewinns, wenn der übergangene Bieter den Auftrag bei ordnungsgemäßer Vergabe hätte erhalten müssen und ein Zuschlag auch tatsächlich erteilt worden sei.
Hier lag der Fall anders: Denn nachdem der Bestbieter zunächst den Zuschlag erhielt, vereinbarten die Parteien nach Feststellung des Übertragungsfehlers eine Vertragsaufhebung. Anschließend führte der Auftraggeber ein neues und dieses Mal, ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durch. Das Vergaberecht begründet kein Recht auf Auftragserteilung, sondern nur auf Wahrung der Zuschlagschance, so der BGH. Diesen Anforderungen entsprach der Auftraggeber mit der Neuvergabe.
Damit bekräftigte der BGH seine Entscheidung (08.12.2020, XIII ZR 19/19), wonach es sich bei dem Ersatz entgangenen Gewinns um einen Ausnahmefall handelt. Aufwendungen für die Teilnahme am Verfahren sind dagegen in der Regel ersatzfähig.