Hat ein öffentlicher Auftraggeber Anhaltspunkte für einen Interessenkonflikt in einem Vergabeverfahren, muss er diesen nachgehen. Andernfalls besteht die Gefahr der Wettbewerbsverfälschung zwischen den Bewerbern.
Ein Auftraggeber vergab im Namen und Auftrag der EU-Kommission im Wege eines Vergabeverfahrens mit Teilnahmewettbewerb die Beschaffung von Satelliten. Eine Bieterin wurde vom Wettbewerb ausgeschlossen, zwei andere Unternehmen erhielten den Zuschlag. Die Bieterin klagte gegen die Entscheidung, da ein früherer Mitarbeiter von ihr während des Vergabeverfahrens bei einem der beiden Unternehmen eingestellt wurde. Während seiner früheren Anstellung bei der unterlegenen Bieterin hatte dieser Mitarbeiter an der internen Angebotserstellung mitgewirkt.
Das Gericht der Europäischen Union stellte fest, dass ein Interessenkonflikt grundsätzlich denkbar sei. Das fragliche Unternehmen hätte den Auftrag in einem für sich günstigen Sinne beeinflussen können, sofern sensible Informationen von dem neuen Mitarbeiter beigetragen wurden. Daher hat der öffentliche Auftraggeber zu prüfen, ob mögliche Interessenkonflikte und geeignete Maßnahmen zu dessen Verhinderung, Aufdeckung und Behebung bestehen. Die Untersuchung ist mit größtmöglicher Sorgfalt durchzuführen, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären. Dabei hat der Auftraggeber auch dem vom Verfahrensausschluss bedrohten Bieter die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen.