RechtsprechungVergaberecht

Ermessensspielraum bei fakultativen Ausschlussgründen (OLG Karlsruhe, 16.12.2020, 15 Verg 4/20)

Die Auftraggeberin hat in einem europaweiten Verhandlungsverfahren eine Kooperationspartnerschaft zur Bewerbung um das Stromnetz auf ihrem Stadtgebiet ausgeschrieben. Eine Bieterin erhielt den Zuschlag aufgrund ihres hochwertigen Konzepts. Die Antragstellerin rügte, dass das Angebot der erstplatzierten Bieterin nach § 124 Abs. 1 Nr. 3, 4 GWB auszuschließen sei, da diese an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen beteiligt war.

Der Vergabesenat folgte dem nicht. § 124 GWB verlangt lediglich, dass der Auftraggeber je nach Einzelfall prüft und abwägt, ob ein Ausschluss sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Die Ermessensentscheidung ist nur darauf überprüfbar, ob der Auftraggeber nicht alle erheblichen Tatsachen ermittelt oder aus willkürlichen und unsachlichen Motiven gehandelt hat. Auf dieser Grundlage entscheiden öffentliche Auftraggeber eigenverantwortlich, ob ein Ausschlussgrund vorliegt.

Wird ein Unternehmen für die Höchstdauer von drei Jahren ausgeschlossen, kann der Auftraggeber zudem noch vor Ablauf der drei Jahre im Rahmen seines Ermessens entscheiden, dass die Verstöße des Bieters nicht seiner Eignung entgegenstehen.

Auch eine Eintragung im künftigen Wettbewerbsregister wird daran nichts ändern. Denn nach § 6 Abs. 5 WRegG entscheidet der öffentliche Auftraggeber auch künftig nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften in eigener Verantwortung über den Ausschluss eines Unternehmens von der Teilnahme an dem Vergabeverfahren. Ein automatischer Ausschluss bei Eintragungen in das Wettbewerbsregister ist nicht vorgesehen.