RechtsprechungVergaberecht

Bieter darf rechtswidriger Nachforderungsfrist vertrauen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.04.2019, Verg 49/18)

Setzt ein öffentlicher Auftraggeber einem Bieter eine Frist zur Nachreichung fehlender Unterlagen, darf sie die gesetzlich zulässige Höchstdauer nicht überschreiten. Der Bieter darf dennoch auf die Gültigkeit der ihm gesetzten Frist vertrauen und sie voll ausschöpfen.

Bei der Vergabe eines Bauauftrags hat ein öffentlicher Auftraggeber einem Bieter eine Nachfrist von zehn Tagen gesetzt. § 16a EU S. 2 VOB/A sah hingegen eine Höchstdauer von sechs Tagen vor.

Hiergegen verstieß der öffentliche Auftraggeber zum Nachteil der Mitbewerber des Bieters. Die Rechtswidrigkeit der Frist musste dieser dennoch nicht gegen sich gelten lassen, denn er durfte den Anweisungen grundsätzlich vertrauen. Dies kann nur dann anders sein, wenn der öffentliche Auftraggeber mit der Fristsetzung sachfremde, manipulative Absichten verfolgt.

Die Entscheidung erging zur alten Fassung der VOB/A. Der neue § 16a EU Abs. 4 S. 2 VOB/A eröffnet öffentlichen Auftraggebern dagegen erstmals ein Ermessen. Im begründeten Einzelfall dürfen danach auch längere Nachforderungsfristen zulässig sein. Dagegen muss nach § 56 Abs. 4 VgV der öffentliche Auftraggeber lediglich eine „angemessene“ Nachfrist setzen. In der Regel soll sich diese aber an der 6-Tages-Frist der VOB/A orientieren (vgl. VgV: Nachforderungsfrist von 3 Tagen zu kurz (OLG Düsseldorf, 14.11.2018, VII-Verg 31/18)).