RechtsprechungVergaberecht

Know-how des Herstellers rechtfertigt Direktvergabe (VK Bund, 07.12.2015, VK 2-105/15)

Ein öffentlicher Auftraggeber vergab einen Auftrag über die Wartung und Instandsetzung von Verfahranlagen und Hangartoren für Bordhubschrauber auf Schiffen. In einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb erteilte er dem Hersteller den Auftrag (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 c) VSVgV). Er begründete dies damit, dass die Wartung und Instandsetzung in der Vergangenheit wiederholt von Fremdfirmen durchgeführt worden seien. Da diese nicht das erforderliche Know-how hätten, sei es häufig zu Ausfällen der Anlage gekommen. Deshalb sollte künftig der Hersteller selbst die Leistungen übernehmen. Ein Unternehmen griff die Vergabe an. Es rügte, dass der Auftrag nicht in zwei Lose aufgeteilt wurde. Die Hangartore, für deren Wartung es sich interessiere, beträfen einen anderen Markt als die Verfahranlagen. Durch die Verknüpfung zu einem Auftrag hätte es sich nicht bewerben können.

 Keine Losvergabe bei technischen Besonderheiten

Zwar folgte die Vergabekammer (7.12.2015, VK 2-105/15) dem Bieter und stellte fest, dass es sich um getrennte Märkte handelt. Sie entschied aber auch, dass die Zusammenfassung zu einem Auftrag ausnahmsweise erlaubt war. Denn das Steuerungssystem für die Verfahranlagen und die Hangartore ist eine Spezialentwicklung und die Komponenten für beide Auftragsteile sind miteinander verknüpft. Daraus ergeben sich komplexe Schnittstellen. Außerdem verwies der Auftraggeber auf die fehlende Hilfe in Notsituationen auf hoher See, die Gefahren für Leib und Leben im Falle von Fehlfunktionen und das Risiko von außerordentlich hohen Schäden an dem eingesetzten Gerät. All dies genügte, um von einer Losbildung abzusehen. Damit war klar: Den Gesamtauftrag konnte nur ein Unternehmen, nämlich der Hersteller selbst, ausführen. Direkte Verhandlungen mit diesem, ohne Beteiligung von Mitbewerbern waren deshalb erlaubt. Dass Hersteller spezieller Verteidigungsgüter mit Blick auf die spätere Wartung und Instandsetzung einen faktischen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern haben, ist nach Ansicht der Vergabekammer hinzunehmen.