RechtsprechungVergaberecht

Kein Steuervorteil ausländischer Bieter: Auch Netto-Angebote sind mit Bruttopreisen zu werten (VK Bund, 18.09.2017, VK 2-94/17)

Darf ein ausländischer Bieter seine Leistungen in Deutschland zu Nettopreisen anbieten, muss er auf dem Angebotspreisblatt keine Umsatzsteuer angeben. Öffentliche Auftraggeber müssen die Mehrwertsteuer allerdings in der Angebotswertung berücksichtigen.

Ein ausländisches Unternehmen wies in einem Vergabeverfahren auf dem Preisblatt seines Angebots die Umsatzsteuer mit 0 % aus. Der Bieter belegte mit seinem Angebot den ersten Platz. Das Angebot sollte jedoch wegen unvollständiger Preisangaben ausgeschlossen werden.

Zu Unrecht: Der Verzicht auf Angaben zur Umsatzsteuer sei nicht zu beanstanden, so die Vergabekammer (VK Bund, Beschluss vom 18.09.2017, VK 2-94/17). Ausländische Unternehmen müssen in Deutschland gem. § 13b UStG keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Folglich muss sie der ausländische Bieter nicht im Preisblatt ausweisen, da dieses nur Positionen umfasst, die auch in Rechnung gestellt werden sollen. Zwar fällt die Umsatzsteuer in Deutschland an. Sie wird der Einfachheit halber aber unmittelbar vom Leistungsempfänger an das Finanzamt abgeführt (sog. Reverse-Charge-Verfahren).

Bei der Wertung muss der öffentliche Auftraggeber die Umsatzsteuer aber einberechnen, um eine Vergleichbarkeit der Angebote sicherzustellen. Denn unabhängig davon, dass der ausländische Bieter ein Netto-Angebot einreichen darf, wird die Umsatzsteuer unverändert fällig. Deshalb kann sie bei der Wertung der Angebotspreise nicht außer Acht gelassen werden.

Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Unternehmen durch die Teilnahme ausländischer Bieter, die in Deutschland keine Umsatzsteuer zahlen, sind damit ausgeschlossen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Umsatzsteuer im Ergebnis unverändert auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers anfällt.

Die Entscheidung ist aber nicht auf echte Umsatzsteuerbefreiungen – wie beispielsweise nach § 4 Nr. 11 b) UStG für die Deutsche Post AG – übertragbar, weil in diesem Fall weder öffentlicher Auftraggeber noch Auftragnehmer Umsatzsteuern zahlen bzw. abführen müssen und das Angebot damit auch „unter dem Strich“ günstiger ist.