RechtsprechungVergaberecht

Bewerber muss intransparente Auswahlkriterien unverzüglich rügen (OLG München, 10.08.2017, Verg 3/17)

Kann ein Bewerber auch ohne anwaltliche Hilfe leicht erkennen, dass die Bekanntmachung intransparente Auswahlkriterien enthält, muss er dies vor Abgabe seines Teilnahmeantrags rügen. Andernfalls ist seine Rüge präkludiert.

Was war geschehen?

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb einen Teilnahmewettbewerb für die Planung einer Konzerthalle aus. Von den eingereichten Referenzen jedes Bewerbers bestimmte er für den Bereich „planerisch-gestalterische Leistungsfähigkeit“ ohne konkrete Vorgaben die „beste Referenz“ und berücksichtigte die weiteren nicht mehr. Die „planerisch-gestalterische Leistungsfähigkeit“ der Bewerber bewertete er nach den Kriterien „Originalität, Innovation, gestalterische Qualität, Übertragbarkeit der vorgenannten drei Aspekte auf das anstehende Projekt“. Diese Auswahlkriterien hat der öffentliche Auftraggeber nicht näher konkretisiert, aufgeschlüsselt oder gewichtet. Der Antragsteller rügte dies erst nach Abgabe seines Teilnahmeantrags.

Verstoß erkennbar – Rüge verspätet

Zu spät, meint der Vergabesenat. Der Antragsteller hätte gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GWB die Vergaberechtsverstöße vor Abgabe des Teilnahmeantrags rügen müssen. Er hat sie in der Bekanntmachung auch ohne anwaltlichen Rat erkennen können. Denn die Auswahlkriterien waren sehr allgemein gehalten, damit intransparent, und verschafften dem Antragsgegner erheblichen Freiraum bei der Punktvergabe, die kaum zu prognostizieren war. Es musste ihm daher auffallen, dass der Antragsgegner die „beste Referenz“ des Antragstellers ohne nähere Erläuterung selbst auswählen und bewerten wollte, und zwar auch ohne vertiefte Kenntnisse des Vergaberechts.

Keine Prüfung von Amts wegen

Zwar dürfen Nachprüfungsinstanzen präkludierte Verstöße ausnahmsweise auch von Amts wegen aufgreifen. Dies etwa wenn sie so schwerwiegend sind, dass nur willkürliche oder sachfremde Zuschlagskriterien verbleiben oder jede beliebige Zuschlagsentscheidung möglich ist. Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor, denn der Senat konnte die Auswahlentscheidung trotz des stark subjektiven Kriteriums der „planerisch-gestalterischen Leistungsfähigkeit“ auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und die Einhaltung des Beurteilungsspielraums überprüfen.