RechtsprechungVergaberecht

EuGH: Eine Eignungsleihe ist formlos möglich (14.1.2016, Rs. C‑234/14)

Nicht immer erfüllen Unternehmen die von öffentlichen Auftraggebern aufgestellten Anforderungen an die Eignung. Zum Nachweis der Fachkunde und Leistungsfähigkeit dürfen sie sich dann der Fähigkeiten anderer Unternehmen bedienen. Auf die rechtliche Verbindung zwischen beiden kommt es nicht an. Der Bieter muss lediglich nachweisen können, dass ihm die Kapazitäten des Dritten im Auftragsfall zur Verfügung stehen.

Kooperationsvertrag oder gemeinsame Gesellschaft nicht notwendig

Der EuGH stellt nun klar: Bewerber und Bieter dürfen nicht dazu verpflichtet, mit dem Dritten einen Kooperationsvertrag zu schließen oder eine Personengesellschaft mit ihm zu gründen. Der Nachweis der Verfügbarkeit ist vielmehr formlos möglich, etwa durch Vorlage einer Verpflichtungserklärung (vgl. § 7 Abs. 9 EG VOL/A, § 6 Abs. 8 EG VOB/A, §§ 26 Abs. 3, 27 Abs. 4 VSVgV).

Neues Vergaberecht: 2 Haftungspartner

Das zum 18.04.2016 in Kraft tretende neue Vergaberecht verlangt ebenfalls keine besondere Beziehung zwischen Bieter und Drittunternehmen (Art. 63 Abs. 1 RL 2014/24/EU).

Eine Neuheit bringt allerdings Art. 63 Abs. 1 UAbs. 3 RL 2014/24/EU: Öffentliche Auftraggeber dürfen künftig verlangen, dass  im Auftragsfall neben dem Bieter bzw. Auftragnehmer auch der Dritte für die ordnungsgemäße Ausführung haftet. Umgesetzt wird dies im neuen § 47 Abs. 3 VgV-E. Dort heißt es:

„Nimmt ein Bewerber oder Bieter die Kapazitäten eines anderen Unternehmens im Hinblick auf die erforderliche wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit in Anspruch, so kann der öffentliche Auftraggeber eine gemeinsame Haftung des Bewerbers oder Bieters und des anderen Unternehmens für die Auftragsausführung entsprechend dem Umfang der Eignungsleihe verlangen.“

Nach der noch geltenden Rechtslage bestehen im Falle einer Eignungsleihe Rechtsbeziehungen nur zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sowie zwischen Auftragnehmer und Drittem. In Zukunft können öffentliche Auftraggeber hingegen einen weiteren unmittelbaren Haftungspartner in die Pflicht nehmen.

Der Begriff der „gemeinsamen Haftung“ legt eine gleichstufige, gesamtschuldnerische Haftung im Sinne von §§ 421 ff. BGB nah. Der Vorteil für den Auftraggeber: Er kann nach § 421 S. 1 BGB frei wählen, ob er den Auftragnehmer oder den Dritten in Anspruch nimmt. Das kann bedeutsam werden, wenn der Auftragnehmer selbst insolvent ist.

Die Änderung betrifft allgemeine Bau-, Liefer- und Dienstleistungen. Verteidigungs- und sicherheitsrelevante Aufträge sind von der Vergaberechtsreform ausgenommen. Es bleibt hier bei der alten Rechtslage, wonach alleiniger Haftungspartner der Auftragnehmer selbst ist.